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Overboarding – wenn ein Aufsichtsrat zu viele Mandate hat

Auch wenn das Thema Overboarding derzeit für nur wenige Unternehmen von Bedeutung ist, war dies eine der Themen der Reform es Deutschen Corporate Governance Kodex. Derzeit gibt es nur wenige Multiaufsichtsräte in den großen börsennotierten Unternehmen in Deutschland. Durch die Regelungen der gesetzlichen Frauenquote könnte das Thema jedoch an Bedeutung gewinnen, da dies zu wenigen Multiaufsichtsrätinnen führen könnte.

Der folgende Beitrag beleuchtet zuerst den Begriff sowie die Problematik des Overboardings bei Aufsichtsräten. Anschließend werden die bestehenden Regelungen des Overboardings des Deutschen Corporate Governance Kodex näher beleuchtet.

 

Was bedeutet Overboarding von Aufsichtsräten?

Unter Overboarding wird der Fall verstanden, dass ein einzelnes Mitglied des Aufsichtsrates sehr viele Mandate innehat. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Aufsichtsratsmitglied neben seinen Aufsichtsratsmandaten auch Mandate mit dem Aufsichtsratsvorsitz sowie einer Vorstandstätigkeit hat.

Im Zuge der Diskussionen einer guten Corporate Governance in Unternehmen wird auch zunehmend das Thema der Amtshäufung bei einzelnen Mitgliedern des Aufsichtsrates kontrovers diskutiert. Auch in den Hauptversammlungen wird die Amtshäufung einzelner Aufsichtsräte bei anstehenden Wahlen eines Aufsichtsratsmitglieds von Stimmrechtsberatern häufig kritisch gesehen und hat mittlerweile auch die Wiederwahl von einigen Multiaufsichtsräten verhindert.

 

Warum ist Overboarding problematisch?

Die Gefahr besteht beim Overboarding darin, dass bei einer Amtshäufung aufgrund von Überlastung die Wahrnehmung einzelner Mandate nicht mehr in dem erforderlichen zeitlichen Umfang erfolgen kann. Wenn ein Vorstand eines großen börsennotierten Unternehmens neben seiner ohnehin schon zeitlich einnehmenden Vorstandstätigkeit noch mehrere Aufsichtsratsmandate hat, stellt sich die Frage, ob er seiner Überwachungsfunktion nachkommen kann.

So können die Überlastung bzw. der Zeitmangel beispielsweise dazu führen, dass ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied bei einigen Sitzungen abwesend ist und so bei wichtigen Entscheidungen für das Unternehmen nicht mit abstimmt. Die Anwesenheitsquote der Aufsichtsräte bei den Aufsichtsrats- und Ausschusssitzungen wird von einigen Unternehmen im Geschäftsbericht veröffentlicht. Dabei gibt es einige Unterschiede: Während einige Unternehmen die Anwesenheitsquote jedes einzelnen Mitgliedes des Aufsichtsrates offenlegen, geben andere Unternehmen lediglich die Anwesenheitsquote des gesamten Aufsichtsrates an.

In der Vergangenheit wurden in einigen Fällen die Wiederwahl einzelner Aufsichtsratsmitglieder aufgrund des Overboardings von den Aktionären in der Hauptversammlung verweigert. Insbesondere bei der Kombination bedeutender Aufsichtsratsmandate mit einer Vorstandsposition werden dabei grundsätzlich als bedenklich eingestuft.

Aufgrund der zunehmenden Anforderungen an die Mitglieder des Aufsichtsrates hat sich der zeitliche Aufwand für ein einzelnes Mandat in den letzten Jahren deutlich erhöht. Die Aufgaben des Aufsichtsrates haben ferner zugenommen. So führen beispielsweise die Themen Digitalisierung, Industrie 4.0 sowie künstliche Intelligenz bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle für die langfristige Zukunftssicherung des Unternehmens zu steigenden Anforderungen. Durch disruptive Geschäftsmodelle müssen Entscheidungen heutzutage deutlich schneller getroffen werden als noch vor einem Jahrzehnt. Neben den Herausforderungen der Digitalisierung, spielen auch Themen wie beispielsweise aktivistische Aktionäre, Cyberrisiken sowie neue Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle für die Arbeit des Aufsichtsgremiums.

Aufgrund unvorhergesehener Ereignisse können diese dazu führen, dass die Arbeit des Aufsichtsgremiums eine höhere Sitzungshäufigkeit erfordert. Befindet sich das Unternehmen beispielsweise in einer Krise oder wurde Opfer eines Hackerangriffs, muss der Aufsichtsrat entsprechend reagieren und sich so häufiger zu einer Sitzung zu treffen.

Wenn ein Vorstandsmitglied gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender ist, stellt sich die Frage, ob dieser im Falle einer Unternehmenskrise die ausreichend zeitlichen Kapazitäten hat, dies zu meistern. Dem Aufsichtsratsvorsitzenden kommt insbesondere auch in Krisenzeiten des Unternehmens eine besondere Rolle zu, da er durch sein Amt eine Leitungsfunktion des Aufsichtsgremiums hat.

Neben dem zeitlichen Aspekt des Overboardings können zu viele Aufsichtsratsmandate auch Interessenskonflikte nach sich ziehen. Aufgrund der Diversifizierung großer Konzerne kann es möglicherweise Überschneidungen in der Angebotspalette führen. Durch die Digitalisierung wird die Überschneidung von Geschäftsfeldern eher zu- als abnehmen.

Interessenskonflikte können im Zweifelsfall dazu führen, dass ein Mitglied des Aufsichtsrates bei einer Entscheidung nicht mit abstimmen darf. Sollte dies jedoch vermehrt vorkommen, ist dies keine Lösung. Neben dem Abstimmungsverbot gilt dann nämlich auch ein Verbot der Beteiligung an der Diskussion. Im Rahmen einer guten Corporate Governance ist es nicht wünschenswert, dass sich diese Vorgehensweise häuft.

 

Welche Regelungen sieht der Deutsche Corporate Governance Kodex vor?

Ein Grundsatz des neuen Deutschen Corporate Governance Kodex sieht folgende Regelung vor: Jedes Aufsichtsratsmitglied muss darauf achten, dass ihm für die Wahrnehmung seiner Aufgabe als Aufsichtsrat ausreichend Zeit zur Verfügung steht.

Für die Maximalanzahl an Aufsichtsratsmandaten hat der Kodex zwei Empfehlungen, an die die betroffenen Unternehmen sich jedoch nicht halten müssen. So soll ein Aufsichtsratsmitglied nicht mehr als fünf Aufsichtsratsmandate innehaben. Dabei wird ein Vorsitz in einem Aufsichtsrat doppelt gezählt.

Wenn ein Aufsichtsratsmitglied dem Vorstand eines börsennotierten Unternehmens angehört, soll die Anzahl der Aufsichtsratsmandate auf zwei beschränkt sein. Die Mandate beziehen sich jedoch auf konzernexterne börsennotierte Gesellschaften. Der Kodex empfiehlt, dass ein Vorstandsmitglied eines börsennotierten Unternehmens nicht gleichzeitig in einem anderen börsennotierten Unternehmen als Aufsichtsratsvorsitzender bestellt werden sollte.

Da es sich bei den Regelungen lediglich um Empfehlungen handelt, können Unternehmen davon abweichen. An dieser Stelle kommt den Stimmrechtsvertretern eine bedeutende Rolle zu. Sie haben eigene Standards, die offenlegen, in welchem Fall sie eine Wahl eines Aufsichtsratsmitgliedes bezüglich des Overboardings ablehnen.

Die Stimmrechtsberater überarbeiten ihre Standards jährlich. In der Vergangenheit haben sie bereits dazu geführt, dass durch die Amtshäufung einzelner Aufsichtsratsmitglieder deren Wiederwahl verhindert werden konnte.

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