Governance

Die Reform des Corporate Governance Kodex

„Relevanter, klarer, kompakter“ – unter diesem Leitsatz soll der Deutsche Corporate Governance Kodex („DCGK“) reformiert werden. Dessen Empfehlungen für gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung gibt es bereits seit dem Jahr 2002. Nun hat die Regierungskommission am 6. November 2018 einen Reform-Vorschlag veröffentlicht. Was soll sich ändern und was ist davon zu halten?

Übergeordnetes Ziel der Kodex -Reform ist es, dass der DCGK „von möglichst vielen institutionellen Investoren als das maßgebliche Regelwerk angesehen“ wird. Dazu soll der Kodex stärker, gestraffter und verständlicher werden, den Stand der internationalen Diskussion widerspiegeln, hohe Relevanz bei allen Stakeholdern (Aufsichtsrat, Vorstand, Investoren, Gesellschaft) haben, für sinnvolle und umfassende Transparenz sorgen, das deutsche Corporate Governance System nachvollziehbar machen, lange Gültigkeit haben und die Gesetzesänderungen durch das ARUG II berücksichtigen.

Fahrplan zur Kodex-Reform

Zu dem aktuellen Vorschlag der Regierungskommission hat es ein sog. Konsultationsverfahren gegeben. Wissenschaft und Praxis waren aufgerufen, bis zum 31. Januar 2019 ihre Stellungnahmen einzureichen. Insgesamt 111 Rückmeldungen sind auf der Website der Komission veröffentlicht. Sobald diese ausgewertet und der Reformvorschlag ggf. angepasst worden ist, soll er im April 2019 dem Bundesjustizministerium überreicht werden. Vorgesehen ist, dass die Neufassung des DCGK dann zeitnah nach Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes im Juni 2019 veröffentlicht wird.

 

Grundsätze und ergänzendes Konzept geplant

Als ein grundlegendes Novum will die Regierungskommission insgesamt 30 Grundsätze einführen, abgeleitet aus „wesentlichen rechtlichen Vorgaben und elementaren Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung.“ Unternehmen sollen künftig erläutern, in welcher Weise sie diese Grundsätze anwenden – dieses Konzept heißt „apply and explain“ und soll den bisherigen Ansatz „comply or explain“ ergänzen. Kurzum: Unternehmen sollen weiterhin erklären, warum sie von Empfehlungen des Kodex abweichen und künftig auch erläutern, wie sie den Kodex konkret umsetzen.

 

Was ist von den Vorschlägen zu halten?

Der DCGK in seiner bisher geltenden Fassung dazu geführt, dass sich börsennotierte Unternehmen gegenüber ihren Stakeholdern erklären müssen anhand von Empfehlungen einer unabhängigen Regierungskommission. Das ist ein richtiger Ansatz, weil mehr öffentliche Aufmerksamkeit hinsichtlich der Unternehmensführung und mehr Transparenz das Vertrauen der Investoren in das Unternehmen und in den Kapitalmarkt insgesamt steigern.

Allerdings ist der geltende Kodex in die Jahre gekommen, etwas unübersichtlich, recht formal formuliert und gibt an vielen Stellen nur das wider, was ohnehin im Gesetz steht. Wenn man nun zu einer Reform ansetzt, sollte die Gelegenheit genutzt werden, mehr praxisorientierte Empfehlungen zu nicht-juristischen Aspekten aufzunehmen, was gute Unternehmensführung konkret bedeutet. Der vorliegende Reformvorschlag wird zwar durch seine Grundsätze konkreter als die geltende Fassung es ist. Jedoch sollte der geplante Ansatz aus verschiedenen Gründen überdacht werden:

  • Das Konzept „apply and explain“ würde bedeuten, dass die Grundsätze des Kodex zu befolgen sind, weil die Unternehmen erläutern müssten, wie sie sie anwenden. Damit läge nicht mehr das Ob, sondern nur noch das Wie der Anwendung in ihrer Hand. Es liegt in der Natur eines solchen Konzepts, dass sich die in den Grundsätzen geregelten Strukturen und Gestaltungen im Laufe unserer schnelllebigen Zeit überholen. Dies widerspräche dem angestrebten Ziel einer langen Gültigkeit. Hinzu kommt, dass die neuen Empfehlungen zu Best Practices gemacht werden sollen – auch wenn sie tatsächlich nur eine von mehreren Modellen darstellen.
  • Für Unternehmen führt das „apply and explain“ Konzept auch zu deutlich mehr Bürokratie und Unsicherheit in der Anwendung. Denn der Kodex-Vorschlag sagt nichts darüber (und wird dies auch nicht leisten können, sofern seine Inhalte gestrafft sein sollen), in welchem Detailgrad ein Unternehmen zu erklären hat, wie der Vorstand beispielsweise für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der internen Richtlinien sorgt (Grundsatz 7). Für die Unternehmen bestünde dann die Wahl zwischen allgemeinen Ausführungen, die Stakeholdern keinen inhaltlichen Mehrwert bringen oder einer vertiefenden Darstellung, die zu einem uferlosen Berichtswesen führt.
  • Inhaltlich sind die vorgeschlagenen Grundsätze teils nachvollziehbar und entsprechen dem in Kraft tretenden Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II). So reflektiert Grundsatz 23 die Neuregelung des § 87a Abs. 1 AktG-E, wonach der Aufsichtsrat ein Vergütungssystem für den Vorstand beschließt, das zu einer Vielzahl von Einzelaspekten beschreibende Angaben enthalten muss. Da Grundsatz 23 bestimmt, dass der Aufsichtsrat zunächst die Gesamtvergütung der einzelnen Vorstandsmitglieder zu bestimmen hat, trägt dies dazu bei, dass das Gremium die Angemessenheit und Marktüblichkeit nicht nur einzelner Vergütungskomponenten, sondern auch bezüglich der Ziel-Gesamtvergütung bzw. Maximal-Vergütung prüft. Das schafft mehr Transparenz und bessere Vergleichbarkeit.
  • Demgegenüber sind beispielsweise Grundsatz 25 und 26 redundant im Hinblick auf § 87a AktG-E bzw. führen durch abweichende Schwerpunktsetzung auch zu der Frage, wie ein Unternehmen sein Vergütungssystem kodex- und zugleich gesetzeskonform beschreiben soll. Die Grundsätze ließen sich insgesamt deutlich kürzen. Zudem erschwert der geplante Aufbau des Kodex, bestehend aus Grundsätzen und Empfehlungen, angesichts nicht konsistenter Verweisungen die Verständlichkeit.

 

Was die Kodex-Reform adressieren sollte

Wenn der unstreitig reformbedürftige DCGK nun angepasst werden soll, wäre jetzt der ideale Zeitpunkt, anstatt einer konzeptionellen Änderung, weiteren Formalisierung und Orientierung am Gesetzeswortlaut echte inhaltliche Weiterentwicklungen zu vollziehen:

  • Orientierung von Corporate Governance an tatsächlichen Erfordernissen der Wirtschaft unserer Zeit: wie bereits vom Verfasser an anderer Stelle ausgeführt, ist es angesichts der fundamentalen Veränderungen der Wirtschaft unter anderem angezeigt, Veränderung als Notwendigkeit zu verstehen und Bestehendes/Bewährtes in Frage zu stellen, Komplexität anzunehmen und durch multidimensionale Betrachtung von Vorgängen handhabbar zu machen. Dies ließe sich durch den DCKG präzisieren.
  • Konkretisierung der inhaltlichen Anforderungen an Mitglieder des Aufsichtsrats und Vorstands: dringend zu empfehlen ist, die Inhalte des Kodex zur Zusammensetzung des Aufsichtsrats genauer zu bestimmen. Der Vorschlag enthält in Grundsatz 20 lediglich den allgemeinen Hinweis, dass die „Mitglieder insgesamt über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen sowie über die erforderliche Diversität und Unabhängigkeit verfügen.“ An dieser Stelle wäre eine Konkretisierung beispielsweise mit Blick auf einen Digital- oder Strategieausschuss des Aufsichtsrats sinnvoll.

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